Dragon4corner – Die Geometrie der Macht, oder die Macht der Geometrie?

“Quantensprung” war auch mal so ein falsches Wort. Wer erinnert sich nicht daran, als es als Synonym für große Veränderungen benutzt wurde, obwohl er – physikalisch gesehen – eher kleinstmögliche Veränderungen beschreibt. Es ist vermutlich nicht das erste, derartig falsch verstandene Wort. Und sicher auch nicht das letzte. “Super-GAU” als eigentlich unmögliche Steigerung des Größten Anzunehmenden Unfalls war auch sowas. Oder einfach nur die Steigerung des Wortes sicher in sicherer. Entweder, Onlinebanking ist sicher oder nicht. Es kann nicht sicherer gemacht werden. Aber das nur nebenbei.

Manchmal fragt man sich, wieso man auf manche offensichtliche Selbstverständlichkeiten eigentlich nicht viel früher gekommen ist. Ein TV-Beitrag über Bundeskanzlerin Merkel brachte mich heute drauf, dass in einem wichtigen Zusammenhang mit ihr ein Wort falsch benutzt wird. Ich weiß nicht mehr, in welcher Klassenstufe das Thema in der Schule behandelt wird, aber Geometrie zieht sich ja durch zahlreiche Schuljahre durch. Fragt mich, ich hab das mal studiert. 😉

Kramen wir mal in tiefen Gedächtnisschichten und werfen eine ganze Reihe von zusammengehörenden Begriffen in den Raum: Viereck, Rechteck, Parallelogramm, Rhombus, Drachenviereck, Trapez und Quadrat. Ausgehend vom allgemeinen Viereck (vier Punkte, die durch vier Seiten verbunden sind) werden unter Hinzunahme von weiteren Bedingungen immer speziellere Figuren begrifflich definiert bis hin zum Quadrat mit den schärfsten Anforderungen (4 gleichlange Seiten und in jeder Ecke ein rechter Winkel). Beim Parallelogramm sind gegenüberliegende Seiten gleich lang, beim Trapez sind zwei gegenüberliegende Seiten parallel.

Jetzt ist es am Leser dieser Zeilen, aktiv zu werden. Strecke bitte mal beide Arme halbwegs parallel nach vorn aus, die Handflächen nach unten. Früher haben wir mal mit der Armstellung Kniebeugen gemacht. 😉 In der Armhaltung klappe beide Hände so weit es aus eigener Kraft geht nach oben und spreize die Daumen ab, so dass sich dessen Spitzen fast berühren. Für Menschen mit Rechts-Links-Schwäche ist nun eindeutig zu sehen, wo die linke Hand ist. Daumen und Zeigefinger bilden nur auf einer Seite ein L. Aber wir sehen noch etwas anderes. Der Daumen ist kürzer als der Zeigefinger. Gut, das weiß man auch so, aber ich wollte es nur noch mal verdeutlichen. Und irgendwie die Eselsbrücke mit der Links-Rechts-Schwäche unterbringen.

Nun gibt es – um zum ursprünglichen Thema zurück zukommen – die sogenannte Merkel-Raute. Das müssten eigentlich zwei gekreuzte Victory-Zeichen mit den Fingern sein (das # ist eine Raute), aber auch in der Geometrie gibt es die Raute. Zu meiner Schulzeit hieß das Ding noch Rhombus, aber dass Begriffe sich in historischen Zeiträumen mal ändern, ist auch nicht neu. Schauen wir in die Systematik der Vierecke, so finden wir den Rhombus aka die Raute als spezielles Parallelogramm, bei dem alle 4 Seiten gleich lang sind. Oder als Quadrat, dem die Bedingung mit den rechten Winkeln abhanden gekommen ist.

Vier gleich lange Seiten bei der Merkel-Raute? Daumen und Zeigefinger gleich lang? Entweder, das ist eine anatomische Fehlstellung – was bedauerlich für Frau Merkel wäre – oder einfach nur der falsche Begriff. Schauen wir also mal genau hin und fragen uns, was wir sehen: ein Viereck, bei dem jeweils 2 nebeneinander liegende Seiten (Daumen-Daumen und Zeigefinger-Zeigefinger) gleich lang sind. Suchen wir in der Systematik und finden die eigentlich passende geometrische Figur. Der Name spricht Bände, ist aber schon älter als die politische Raute.

Es ist das DRACHENVIERECK!!!

Da dum!

2 Gedanken zu „Dragon4corner – Die Geometrie der Macht, oder die Macht der Geometrie?“

  1. Nur nebenbei, bezogen auf den ersten Absatz: Den Super-GAU gibt es wirklich.
    Das “A” steht für “anzunehmend”, Wikipedia benutzt statt GAU den Begriff “Auslegungsstörfall”. D.h. einen Fall, den die Planer in ihre Sicherheitsberechnungen mit einbezogen haben, auf den die technischen Systeme, Verhaltensregeln usw. ausgelegt sind, und der gerade noch als beherrschbar gilt. Was darüber hinausgeht, ist das nicht abgesicherte “Restrisiko”.
    Fälle wie Tschernobyl und Fukushima, aber auch die Szenarien “Verkehrsflugzeug kracht in Wolkenkratzer” oder “Lkw fährt auf den Weihnachtsmarkt” hielt man für so unwahrscheinlich, dass bis zum Eintreten der Ereignisse keine Vorkehrungen dafür getroffen wurden. Inzwischen sind wir natürlich schlauer.

    1. Nee, den Super-GAU gibt es nicht. Es wäre dann eher ein GnAU – der größter, nicht angenommener Unfall. Oder ein GMU – Größt möglicher Unfall. Aber auch alle diese Begriffe sind dann formal exakt durch ein “Super”, “Mega” oder etwas ähnlichem steigerbar. Das wäre ein groß, größer, am größten, am supergrößten. Aber diesen vierten Schritt gibt es nicht, den sieht unsere Grammatik nicht vor. Die 3. Stufe heißt schon Superlativ. Wäre dann “am supergrößten” ein Obersuperlativ? Oder ein Super²lativ? 😉
      Deine Beispiele sind im besten Fall größte, vor dem Ereignis als nicht möglich angenommende Unfälle; also: GVEnmAU.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert