Wer den folgenden, sinngemäß wiedergegebenen Satz mal zu wem gesagt hat, weiß ich leider nicht mehr. Ich habe ihn auch aus einer Anekdote, so ist die Echtheit sowieso nicht verbürgt. Aber zu einem gestandenen Maler kam mal ein aufstrebender junger Kollege und erheischte einen helfenden Kommentar über die Qualität eines gerade fertig gewordenen Bildes. Die Koryphäe meinte dazu: “So können Sie erst malen, wenn sie bekannt und berühmt geworden sind. Bis dahin müssen ihre Bilder wirklich gut sein.”
Dieser Gedanke sei dem folgenden Geschreibsel über deutsche Kabarettisten vorangestellt, wobei ich hier Kabarett mal im weiteren Sinn, aber doch im Unterschied zur Comedy meine. Die entsprechende Grenze in wenigen Worten zu definieren fällt schwer, ich werde mich damit wohl noch mal separat befassen müssen. Aber das hatte ich anderswo schon mal angedeutet. Eine gewisse Form von Anspruch würde ich ggf. unterstellen, wäre das Wort “anspruchsvoll” nicht bereits ironisch hinterlegt (siehe Reinhard Mey – Anspruchsvoll). Soll heißen, Comedy ist einfach lustig, bei Kabarett muss der Rezipient schon noch etwas mitdenken.
Nun stelle ich seit geraumer Zeit fest, dass mir die Programme einiger Kabarettisten, nachdem sie mit und durch das Fernsehen immer erfolgreicher geworden sind, nicht mehr so gut gefallen. Es scheint der oben bei der Maler-Bemerkung beschriebene Effekt eingetreten zu sein. Erfreulich nur, dass es immer noch welche gibt – mehr so aus der zweiten Reihe – bei denen es (noch) nicht so ist. Und es kommt auch immer noch neues nach, was hoffnungsfroh stimmt.
Als Kronzeuge sei hier Dieter Nuhr aufgerufen. Lange Zeit wollte ich es nicht wahr haben, aber spätestens die ihm gewidmete Ausgabe der “Lachgeschichten” – eine WDR-Produktion – und seine dortigen Äußerungen brachten wohl einen Damm zum Brechen. Seine moderativen Fähigkeiten möchte ich ihm dabei nicht absprechen, aber wer seine Programme kennt merkt schnell, dass er sich hier oftmals selbst zitiert und damit recycelt. Lorbeeren, auf denen man sich ausruht, welken doch manchmal sehr schnell.
Weitere Beispiele sind Florian Schröder und Hennes Bender. Dabei hatte ich bei meinen Vorlieben letzteren eigentlich nicht wirklich auf dem Schirm. Aber seine Kurzauftritte bei diversen Kabarett- und Satiresendungen gefielen durchaus, so dass ich mir neulich “Erregt” zulegte, eines seiner Programme auf CD. Leider dokumentiert diese Aufzeichnung an ein, zwei Stellen ein Verhältnis zum Publikum, dass nicht rolleneigen ist, sondern aus ihm selbst heraus zu kommen scheint, und das ich so nicht erwartet habe und nicht goutiere. Mein geschwächtes Interesse an Auftritten von Florian Schröder könnte ich zwar im Moment nicht an konkreten Ereignissen fest machen, es hat aber auch nicht mit der Qualität des von ihm moderierten “Das Er(n)ste” zu tun; es war schon vorher da bzw. nicht mehr da.
Solange Mathias Richling, der Harry Potter deutschen Kabarett-Fernsehens, noch im Ensemble des Scheibenwischers aktiv war, fand ich seinen Part passend, wichtig und gut. Letztendlich ist er aber ein typischer Vertreter sogenannter Polit-Comedy geworden, der ich so gar nichts abgewinnen kann. Hier tummeln sich aber auch andere in teils unterschiedlichen Qualitäten.
Natürlich gibt es eine Reihe von Wortkünstlern mit aktuellen Programmen, die man durchaus empfehlen kann (die Reihenfolge ist keine Wertung, ich habe es mal alphabetisch versucht): Urban Priol, Jochen Malmsheimer, Max Uthoff, Frank Lüdecke, das Duo Henning Venske und Jochen Busse, Marc-Uwe Kling, Matthias Deutschmann, Werner Koczwara, Mathias Tretter, Vince Ebert (Vorsicht! Der absteigende Ast ist in Reichweite), Josef Hader, Niels Heinrich, Piet Klocke, HG Butzko, Christoph Sieber, Sebastian Pufpaff, Philip Simon (Maler-Effekt?), Alfred Dorfer, Jens Neutag usw.
Klassiker sind natürlich Dieter Hildebrandt, Werner Schneyder, Werner Finck, Dietrich Kittner, Thomas Freitag (ich weiß, der ist noch nicht soooo alt, aber trotzdem), Matthias Beltz, Georg Kreisler und noch ein paar andere, die das Feld Kabarett von den verschiedensten Richtungen aus beackert haben und es z.T. auch noch tun. Und wer sich jetzt wundert, dass solche Namen wie Heinz Erhardt oder Bodo Wartke hier unabhängig von ihrer Qualität nicht auftauchen, dem sei gesagt, dass sie hier nicht reingehören. Aber dazu irgendwann später mehr.