Zum 1. Juli fällt das sogenannte Nebenkostenprivileg der Kabelnetzbetreiber. Grob zusammengefasst heißt das, dass die bisher von einigen Vermietern ausgeführte Praxis, die Kosten für den Kabelfernsehanschluss in die Nebenkosten zur Miete zu versenken, beendet ist. Jeder, der Kabelfernsehen nutzen möchte, muss dann selbst aktiv werden, und sich vertraglich an seinen Anbieter binden. Oder eine Alternative wählen. Hintergrund wird die damit hergestellte Wahlfreiheit sein, über welchen Weg man Fernsehen nutzen möchte. Die entsprechenden Anbieter laufen reklametechnisch gerade Sturm, teils mit recht fragwürdigen Aussagen. Eines der größten Probleme bei dieser Art der Ansprache ist, dass die sogenannten Streuverluste RIESIG sind, also ein großer Anteil von Leuten angesprochen werden, die im Zweifelsfall unnötig aufgeregt werden, die das ganze eigentlich nix angeht. Besitzer einer Satellitenschüssel zum Beispiel. Oder Hauseigentümer, die sowieso eigene Verträge haben. Oder auch Mieter, die schon immer direkt mit dem Kabelnetzbetreiber vertraglich verbunden sind; wie ich zum Beispiel. All diejenigen können sich eigentlich entspannt zurücklehnen. Für sie muss sich nix ändern.
Und um den Rest prügeln sich jetzt die Anbieter. Eine echte Wahlfreiheit beim Kabel-TV-Anschluss gibt es zur Zeit ja nicht, aber man kann mittlerweile auch recht gut Fernsehen über Streamingdienste, IPTV, also über DAS Internet, gucken. Guter Internetanschluss vorausgesetzt. Und so liefern sich MagentaTV, Zattoo, waipu.tv und Vodafone (als Deutschlands zwar größter, aber mitnichten einziger Kabelnetzbetreiber) eine Werbeschlacht sondersgleichen. Und die Aussagen darin … fragwürdig. Neben meinem Kabel-TV-Anschluss (eines regionalen Versorgungsunternehmens) bin ich schön mehrere Jahre Nutzer von IPTV, dessen Betreiber bereits hier erwähnt wurde. Seine Werbung hat mich dazu gebracht, beim dortiges Engagement zu überdenken und es zum Ende des aktuellen Abozeitraums im Mai zu beenden. Da ich aber schon immer auf IPTV als Backup, Redunzanz, mobiler Empfang und Empfang mit dem PC zurückgegriffen habe, wandte ich mich einem Mitbewerber zu, auch bereits benannt. Und beide, dass sei hier ausdrücklich erwähnt, sind für mich KEIN vollwertiger Ersatz für einen klassischen Kabel-TV-Anschluss meines hiesigen Netzbetreibers, sondern beides sind nur Ergänzungen.
Lange Jahre war ich Kunde bei Zattoo, was sich im Mai ändert. In den letzten Jahren habe ich ca. 100 € im Jahr dafür bezahlt, das Produktpaket “Premium” zu nutzen. Fernsehgucken, im wesentlichen in HD, ging. Mehr wollte ich nicht, mehr war nicht geboten. Alles super. Jetzt bin ich bei waipu.tv, 120 € im Jahr, aber mehr Kanäle und einige neue Funktionen. Aber beide Angebote bieten trotz ihres überreichen Inhalts in das, was ein Kabel-TV-Anschluss bietet. Zumindest nicht, was mein Kabel-TV-Anschluss bietet.
Zapping
Geht mit IPTV nicht wie gewohnt. Es dauert länger, die Infoangebote lassen es langsam werden, und vor allem: Durch die große Auswahl verirrt man sich. Es macht einfach keinen Spaß.
EPG
Mein Fernseher zieht aus den Programminfos, die die Sender ausstrahlen, einen Programmguide, in dem ich mir zukünftige Sendungen markieren kann, auf die ich dann kurz vor Start hingewiesen werde, dass sie anfangen. Diese Funktion gibt es weder bei Zattoo noch bei waipu.tv. Bei letzterem kann ich zwar zukünftige Sendungen zum Aufnehmen markieren und sie mir dann später ansehen, aber das ist nicht die gleiche Funktion.
Video-/Teletext
Gibts nicht im Streaming.
Programmangebote
Okay, 267 Sender bei waipu.tv und 207 bei Zattoo (jeweils in den von mir gebuchten Paketen) sind schon recht vielfältig. Ob es jeden FAST-Channel, der da mitgezählt wird, wirklich braucht, ist eine andere Frage. Aber trotzdem fehlen bei waipu.tv sage und schreibe 11 Kanäle, die ich im Kabel-TV-Netz habe, die ich gelegentlich frequentiere und demzufolge nicht missen möchte, wenn das ein echter Ersatz für meinen Kabelanschluss sein soll (womit ja geworben wird). Zugegeben, es sind eher kleine Kanäle, aber sie gehören auch dazu. Ihr wollt sie konkret wissen? ORF2E, 3(4)* regionale TV-Kanäle, QVC2, QVC Style, HSE Extra, HSE Trend, Juwelo, Shop LC, Disney Channel.
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*) 3 regionale TV-Sender sind hier im Kabel, davon ist keiner im Streaming. Der 4, der theoretisch im Kabel sein sollte, ist weder im Kabel noch im Stream.
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Kuratierung/Sortierung
Was mir bei den IPTV dringend fehlt, ist die Möglichkeit der sinnvollen Sortierung. Sicher, man kann sich die 267 Sender in seiner eigenen Reihenfolge hinstellen, man kann auch seine Favoriten markieren. Man kann auch Sender “löschen”, also unsichtbar machen, die man garantiert nicht guckt. Aber ich gebe doch den meisten die Chance, mich auf ihre Art zu unterhalten, möchte dabei aber etwas mehr Struktur, gern in eigenen Ordnern. Zur Not würde ich eine Gruppierung durch den Anbieter in Kinderprogramme, Dokuprogramme, Comedy, Serien, Filme, … akzeptieren, bei den gefühlt >30 Dokukanälen würde ich aber schon noch weiter differenzieren. Das ist eine Aufgabe, die sich beim Kabel-TV-Anschluss nicht stellt. Bei 59/84* Programmen stellt sich die Aufgabe nicht (in dem Maße).
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*) Wenn ich zappe (siehe dort), fange ich im allgemeinen bei Programmplatz 59 an und gehe abwärts. Auf 59 ist das letzte Programm, bei dem ich mir Unterhaltung i.w.S. erwarte. Bei 84 liegt das letzte deutschsprachige Programm, dass im Kabel-TV-Netz verfügbar ist.
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Radio
Gibts nicht im Streaming, zumindest nicht in derselben App.
Datensparsamkeit
Gerade hier ist Kabel-TV gegenüber Streamingdiensten unschlagbar. Zwar stand vor vielen Jahren mal auf der Rechnung meines Leistungserbringers eine Zählernummer bei den Kabelanschlussgebühren. Ich bin mir aber sehr sicher, dass der Netzbetreiber nicht mitbekommt, was ich so gucke. Jeder Streaminganbieter weiß, was ihr wann wo und wie lange geguckt habt. Fachmedien veröffentlichen auf der Basis sogar sowas wie Einschaltquoten.