Widerspruch in sich

Eine deutsche Wurstküche macht Werbung für vegetarisches Essen. Was sich wie ein Widerspruch in sich anhört nennt sich “Vegetarischer Schinkenspicker”. Horizont schreibt hier darüber und zeigt da auch den aktuellen Werbespot.

Meine Freundin ist Vegetarierin; und neulich hat sie mir erzählt, dass sie mal Lust auf unseren … Schinkenspicker hätte.

Warum ist sie den dann nicht? Man darf die sinnliche Intelligenz des menschlichen Körpers nicht unterschätzen. Ist der nicht durch irgendwelche äußeren Einflüsse gestört, zeigt er durch sein Jieper-Verhalten, wenn ihm bestimmte Nährstoffe fehlen. Genau dann hat man nämlich Lust auf Lebensmittel, die diese Stoffe enthalten.

Was jetzt an besagter Wurst so wertvoll sein soll, wage ich nicht einzuschätzen. Aber wenn besagte Freundin einen solchen Jieper auf ein Fleischprodukt hat, sollte sie mal darüber nachdenken, was sie ihrem Körper mit der vegetarischen Ernährung zumutet.

Und ob die beworbene Nahrungsmittelsimulation da die Lösung ist …?

Alles Wurst

Manchmal liebe ich ja die Presse, vor allem, wenn sie schöne, sachlich fundierte und möglichst investigative Artikel enthält. Ein Schuss Aufklärung bzw. Bildung kann ja auch nicht schaden, vor allem, wenn das auch noch unabhängig irgendwelcher Geldgeber passiert.

So fand sich in Welt und Berliner Morgenpost unter dem Label “Ernährung” ein Artikel mit der Überschrift: “So wollen Forscher die Fettbombe Wurst entschärfen”. Der Anrisstext sagt, worum es geht: “Magere Zeiten für die deutsche Wurst: Lebensmitteltechniker wollen Mortadella, Wiener und Salami vom Fett befreit. Ob das die Käufer schlanker macht?”

Dazu zwei Gedanken: Mittlerweile hat die Forschung gezeigt, dass das Fett in der Ernährung nicht wesentlich an der Fettlebigkeit der Bevölkerung schuld ist. Vieles deutet eher auf die Bewegungsarmut und die Kohlenhydrate hin. Außerdem ist Fett ein wichtiger Geschmacksträger, dessen Entzug also aromatisch ausgeglichen werden muss. Da möchte ich mir nicht vorstellen, was stattdessen in die Wurst reingerührt wird.

Zum anderen haben die Deutschen natürlich eine große Wursttradition und -vielfalt. Gleich nach der Brotvielfalt ist das abwechslungsreiche Wurstsortiment ein Markenzeichen Deutschlands, nirgendwo sonst weltweit kann man aus mehr Sorten wählen. Aber hier zeigte der Autor mit traumwandlerischer Sicherheit, dass man sich wunderbar vergreifen kann: Mortadella und Salami sind nun keine Wurstsorten, die für die deutsche Esskultur stehen, werden sie doch eher in Italien verortet. Und selbst bei der “Wiener” (auch als “Franfurter” bekannt) streiten sich die jeweiligen Lokalpatrioten noch, ob sie wirklich aus Frankfurt/Main oder doch aus Wien kommen.

Jetzt gehts um die Wurst

Manchmal habe ich ja den Verdacht, dass ich einen etwas ungewöhnlichen Geschmack habe, auch und vor allem auf kulinarischem Gebiet. Freunde bestätigen das sicherlich, zumindest teilweise. Zumindest scheint mein Geschmack am Mainstream vorbei zu gehen. Mir fällt das immer mal wieder auf, gelegentlich fließt sowas dann auch hier ins Blog ein, wie meine Suche nach dem Bezug von frisch zubereitetem Gyros.

So möchte ich hier eine weitere kulinarische Suchanfrage stellen. Bei meinem Streifzügen durch die hiesigen Supermärkte und Discounter vermisse ich eine leckere Wurstsorte auf das schmerzlichste: Krakauer. Möglichst im Stück. Ich meine nicht die kleinen Würste, die man ähnliche wie Bockwürste im heißen Wasser erwärmt und dann ins Brötchen klemmt (wobei mich die durchaus auch interessieren würden). Ich meine die dickere Wurst, die als Aufschnitt genutzt wird.

Wobei: Nicht jede ist gleich gut. Ich habe schon Krakauer erworben und gegessen, da war aber irgendein Gewürz dran, dass den Geschmack dominierte, dass ich aber nicht mag. Es geht aber auch ohne dieses, und diese Wurstspezialität meine ich.

Wer kann also helfen?

Liegen Kenia, Brasilien, Guatemala oder Indien in unserem Norden?

Regionale Produkte in unseren Supermärkten: Eine tolle Idee, wie ich finde. Aber manchmal ist es schon komisch, wie das passiert. Da werden hier in der Region, auch mit regional erzeugten Zutaten, Produkte produziert und sogar deutschlandweit (wenn nicht weiter) vertrieben, aber kein Hinweis auf die regionale Herstellung (auch nicht hier in der Region). Auf der anderen Seite gibt es auf regional getrimmte Produkte, die es beim genauen Hinsehen gar nicht sind. Ich möchte nicht wissen, wie viele Kunden einer großen Handeskette Fleisch und Wurstwaren der Metzgerei “W. Brandenburg” aus Frankfurt am Main(!) gekauft haben, weil sie dachten, die Produkte kommen aus dem ähnlich benamsten Nachbarland. Übrigens stellt diese Metzgerei auch Rügenwalder Teewurst her … Kein weiterer Kommentar.

Doch zurück zu den positiven Beispielen: Regionale Produkte von regionalen Erzeugern und Produzenten. Eine Handelskette hat dafür sogar eine eigene Handelsmarke eingeführt und verkauft unter “Unser Norden” regional hergestellte Produkte: Fischkonserven, Kartoffelprodukte, Marmeladen, Gebäck und vieles andere mehr. Da kann ich mir den regionalen Bezug auch vorstellen: Von der Erzeugung, der Ernte oder dem Fang bis zur Verarbeitung alles hier im Norden passiert. Da freut sich das Lokal- bzw. Regionalpatriotenherz, auch, wenn es feststellt, dass das eine oder andere aus Schleswig-Holstein kommt und nicht aus Mecklenburg-Vorpommern.

Allerdings scheint man bei der Handelskette etwas zuviel in die Marke packen zu wollen: Zumindest wusste ich noch nicht, dass man in den beiden nordischen Bundesländern auch Cashew-Nusse, Bananen oder Kaffee anbaut und erntet. Das verwässert die Marke wieder sehr stark und man macht sich Gedanken, ob die anderen Produkte wirklich komplett aus unserem Norden kommen.