Einigkeit und Recht und Ordnung

Deutschland ist berühmt für allerlei Sachen, sei es die Wertarbeit „Made in Germany“ oder der deutsche Ordnungssinn. Dem Klischee nach soll ja mal einem Deutschen eine gute Fee erschienen sein, die ihm anbot, ganz nach seinem Wunsch, entweder die Unmenschlichkeit oder die Unordnung von der Welt zu verbannen. Der Deutsche soll sich für die Abschaffung der Unordnung entschieden haben.

So verwundert es auch niemanden, dass vieles (um nicht zu sagen alles und jedes) im gesellschaftlichen Leben durch Gesetze, Regeln, Verordnungen, Satzungen und dergleichen geregelt ist. Das macht das Leben durchaus einfacher und bequemer, weiß man sich doch wohlbehütet und umsorgt. 

Aber ist jede dieser Regelungen wirklich notwendig? Erübrigen sich nicht manche Regeln von allein, wenn ihre Durchsetzung nicht überwacht und Verstöße reglementiert werden? Sind da nicht mal ein paar grundsätzliche Gedanken zum Regularium und zur Regulierungswut als solches notwendig? Fragen über Fragen.

Nur was soll mit einem Regelwerk gemacht werden, wenn geschätzte 95 bis 99% aller Verstöße dagegen nicht geahndet werden? Ich gebe zu, die Frage ist etwas provokativ, aber die Zahlen dürften in ihrer Größenordnung stimmen. Wobei ich um genaue Beachtung der Formulierung bitte. Es verstoßen nicht 95% aller Bundesbürgerinnen und -bürger gegen das Regelwerk, dass ich im Hinterkopf habe, das geht schon mal technisch-organisatorisch nicht, weil nicht so viele überhaupt davon betroffen sind. Wobei ich mir allerdings vorstellen könnte, dass drei Viertel aller Betroffenen schon mal gegen mindestens eine der Regeln in dem Regelwerk verstoßen haben. 

Klingt nicht gut, nicht wahr. 75% aller Betroffenen haben schon mal gegen Teile des Regelwerks verstoßen, aber 99% aller Regelverstöße werden sowieso nicht geahndet. Die Statistik sieht nicht gut aus, ist damit aber die Straßenverkehrsordnung überflüssig? Wer hält sich noch an diese? Wenn ich mit 30 km/h über die Brücke Demminer Straße fahre, bin ich ein angehuptes und bei Sperrlinie überholtes Verkehrshindernis. Wenn ich durch die Fußgängerzone Treptower Straße gehe, muss ich mich durch parkende(!) Autos – ganz frech auch mit Warnblinkanlage – durchschlängeln, wo selbst ein anderthalbminütiges Halten bereits mit 30 Euro geahndet wird; wenn es denn geahndet wird.

Die Beispiele lassen sich nach Belieben fortsetzen. Aber ist das normal?

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