Falsche Frage – richtige Antwort

Mein spionierender Browser erfrischte mich heute mit einem Link auf einen interessanten Artikel bei Capital Online: Wie der Staat uns zu Aktien-Sparern machen könnte. Es stellt sich aber eher die Frage nach dem Warum.

Der Deutsche an sich ist vorsichtig und nur wenig auf dem Kapital- bzw. Aktienmarkt unterwegs. Wir sind sparkassengeschult und ziehen die sichere Geldanlage der risikobehafteten vor, auch wenn die Erträge ersterer nur ein Bruchteil letzterer ausmachen. Auch und gerade bei der Rentenversicherung gehen wir eher Nummer sicher. Da könnte man sagen: zu recht. Denn jede kapitalmarktbasierte Rentenversicherung kann all ihren Wert verlieren. Der Wert jeder Aktie kann plötzlich auf Null fallen. Das ist eine Tatsache.

Andererseits wird die umlagenfinanzierte Rentenversicherung immer mehr ausgehöhlt. Einfacher Grund: Mit ihr ist kein Geld zu verdienen. Und damit sind nicht die Renten gemeint, sondern die Einnahmen der Geldverwalter. Die gibt es nämlich in einer umlagenfinanzierten Rente nicht. Das System ist so einfach wie brilliant: Die Rente der aktuellen Rentner wird aus den Einnahmen der gerade Rentenversicherung zahlenden finanziert. Zugegeben: Wenn es immer weniger Einzahler gibt, werden auch die Auszahlungen immer geringer, aber systembedingt kommt aus dieser Rentenversicherung immer was raus. Und wenn jeder, der kann, einen bestimmten Prozentsatz aller seiner Einkommen einzahlt, kann so ein System auch gut laufen. Nur, dass es kaputt geredet und strukturiert wird.

Aber warum das Interesse, dass immer mehr Leute ihr Geld in Aktien anlegen? Zum einen verdienen daran auch andere beteiligte. Bank- und Depotgebühren müssen berappt werden. Zum anderen steigt dann die Nachfrage nach den Aktien. Und was passiert, wenn die Nachfrage steigt, die Zahl der verfügbaren Aktien aber nicht bzw. nicht im gleichen Maße? Genau! Die Preise gehen nach oben, in dem Fall also die Aktienkurse. Was vermutlich die jetzigen Besitzer freud, die die Wertpapiere günstig erstanden haben. Mal sehr salopp zusammen gefasst.

Wir lernen also: Es gibt zwei gute Gründe, warum die Finanzwirtschaft möchte, dass wir alle Aktien kaufen: 1. Verdienen sie an Gebühren u.ä. und 2. Verdienen sie an steigenden Kursen. Die aber genauso mal in den Keller gehen können, so dass die Aktien des Kleinsparers irgendwann den Namen Wertpapier zu unrecht tragen, da sie nix mehr Wert sind. Die Geldanlage in Fonds oder ähnlichem macht die Sache aber auch nicht besser. Im Gegenteil: Noch mehr Leute, die an den Geldanlagen verdienen wollen und wirklich sicherer ist es auch nicht. Auch Fondsgesellschaften sind schon den Bach runter gegangen. Und denkt daran: Aktien und Fonds mögen in der Vergangenheit interessante Wertzuwächse erreicht haben, das sagt aber NICHTS! über die Zukunft aus.

Stellt sich die Frage: Was also tun? Lotto spielen? Mit Aktien ist es wie mit Lotto spielen. Jeder hat die Chance, den Jackpot zu gewinnen, aber nicht alle.
Unter die Matraze? Da sorgen die Zentralbanken mit ihrer Geldpolitik schon dafür, dass das Geld immer weniger wert ist (Stichwort: Inflation).
Immobilien? Dann wären wir Nutznießer der steigenden Mieten und dürfen uns nicht über sie aufregen.
Also: Ausgeben und genießen. Und mit dem „sozialverträglichen Frühableben“ (Unwort des Jahres 1998) brauchen wir auch keine Angst vor der Altersarmut zu haben.

Bauchpinseln für Fortgeschrittene (mit Bratfett)

Gute Bratkartoffeln zuzubereiten, ist eine Kunst, die gar nicht so einfach ist. Zumal es vermutlich mindestens genauso viele Bratkartoffelrezepte gibt wie Hausfrauen/-männer und Profiköche/-innen zusammen. Die Zahl wird vermutlich nur übertroffen von den Rezepten für russisch-ukrainischen Borschtsch oder Thüringer Klöße. Aber diese Gedanken bringen uns nicht zum Thema, deswegen probieren wir es mal sachlich.

Am Montag, den 5.07.2010, wurde im NDRfernsehen die Sendung „Markt am Meer“ unter anderem mit dem Beitrag „ARGE stellt sich stur“ ausgestrahlt. Zum Zeitpunkt der Niederschrift dieser Kolumne ist er noch genau unter dem Namen in der Mediathek des NDR zu finden (die Frage ist, wie lange noch). Mit einem Lächeln wie ein Honigkuchenpferd, das sagen will: „Was sind wir wieder gut!“, anmoderiert, ging es ging es um einen jungen Mann, der nach einer abgeschlossenen ersten Ausbildung (Verkäufer) nun keine Beihilfe für eine zweite Ausbildung (Koch) von der ARGE bekommt, da dies laut geltendem Recht nicht vorgesehen ist. Aus diesem Grund müsste der Azubi die bereits begonnende Ausbildung abbrechen, obwohl sie sich zu einem festen Job entwickelt hätte: der Chef des Ausbildungsbetriebes hätte ihn als ausgebildeten Koch sehr gern übernommen.

Sicher keine einfache Situation. Ich freue mich für den jungen Mann, dass durch die Recherchen des NDRfernsehens eine seit 2 Jahren geltende Ausnahmeregelung gefunden wurde, die das Anliegen zu einer Geschichte mit gutem Ende entwickelte. (Nach solchen Sätzen kommt immer ein großes Aber …) Aber: Die theatralische Dramatik, der zwegatsche immer-wieder-Nachfragen-und-damit-Druck-ausüben-Stil, der ARGE-Chef, der nach 2 Tagen immer noch in der gleichen Position vor der Kamera steht, der triefende Großmut des NDR und seiner Markt-Redaktion, dieses „Wie sind das Beste (am Norden)“ … Das ist tiefstes Bildzeitungsniveau. Ich wünsche der Redaktion, dass sich kurzfristig hunderte von Azubis, Arbeitssuchenden u.a. melden, die aus irgendeinem individuellen Grund mit der ARGE oder einer anderen Stelle nicht zurechtkommen und die dann alle enttäuscht werden, weil sich der groß(mütig/artig)e NDR nicht um sie kümmern kann.

„Eine Geschichte, bei der eigentlich fast alles stimmt.“ Dieser Gedanke stammt aus der Anmoderation. Da fragt man sich, was an der ganzen Geschichte gelogen war. Ich tippe mal auf die Aussage, die der Reporter vor Ort am Ende formulierte und die in Servicemagazinen wie diesem landauf landab in der einen oder anderen Form inflationär, aber schwer nachweisbar immer wieder geäußert wird: Wir schauen später nochmal vorbei. Im konkreten Fall steht also nach der abgeschlossenen Ausbildung und der anschließenden Übernahme durch das Restaurant in ein festes Angestelltenverhältnis in 2 bis 3 Jahren ein neuer Beitrag über den jungen Mann an. Und seine berühmten Bratkartoffeln sollen dann auch verkostet werden.

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