Manchmal ist es schade, keine Zeitung abonniert zu haben

Es gibt so viele Gründe, Abos zu kündigen.

Und manchmal ist es gut, wenn der Artikel dann hinter der Zahlschranke versteckt ist und man nicht mehr rausbekommt, ob der weitere Artikel den Schwachsinn noch auflöst oder weiter verschärft. Beim Nordboten ist ja beides drin, wie die Geschichte zeigt.

Mit der Schlagzeile und im Untertext kann man sich nur nicht ganz sicher sein, was passiert: Werden die „Fachleute“ weiter schlecht geschrieben, oder sind es doch Fachleute und sie sind eigentlich nicht erstaunt.

Solange sich der Schwerpunkt des Turms über der Grundfläche befindet, kippt das Ding auch nicht um. Und so schräg sieht er jetzt beim besten willen nicht aus. Wenn man auf der Neigungseite des Turmes steht und sieht von dort aus die gegenüberliegende Dachkante, dann wird’s eng. Aber solange das nicht passiert und da fehlen noch einige Meter an Neigung, solange kippt das Ding nicht um. Punkt.

Es ist allerdings zu befürchten, dass mit der Neigung die Stabilität des Turmes immer mehr zu wünschen übrig lässt. Er könnte also u.U. irgendwann in sich zusammenfallen, förmlich implodieren, wenn auch ohne den eigentlich dem Begriff immanenten Unterdruck. Nur umkippen, das wird sobald nix.

Irgendwie erinnert mich das an eine alte Geschichte. Ein Zitat aus der gleichen Zeitung vor längerer Zeit „Die neuen Leitungen haben eine Leistung von 75 Ohm.“ Die Autorin legte dabei sogar den Fachleuten ihren Artikel vorab zur Kontrolle der Fachlichkeit vor und das wurde zur Korrektur vorgeschlagen. Dringestanden hat’s trotzdem. Als Journalist ist man offensichtlich unfehlbar.

Wer in Physik nicht zu lange gefehlt hat, wird sich erinnern, dass „Leistung“ und „Ohm“ nicht wirklich zusammenpassen. Insgesamt bleibt der Satz sowieso fragwürdig, weil, was auch immer damit ausgesagt werden sollte, die alten Leitungen hatten das auch.

Kommentar zum Kommentar

Auf der Webseite des Nordkurier wurde heute ein Kommentar zur Sportberichterstattung bzgl. der Fußball-WM 2018 veröffentlicht. Nachdem ich den kommentiert hatte, gab es ein „nicht berechtigt“ als Meldung der Webseite, als ich meinen Verbalerguss speichern wollte. Sehr zu meinem Missfallen übrigens. Leider war mein Text dabei auch in die ewigen Jagdgründe eingegangen. Aber die Grundgedanken hatte ich natürlich noch. Sie folgen hier, da bin ich mir wenigstens sicher, dass ich „berechtigt“ bin.

Die Grundidee, ein gesellschaftlich solidarisches System zur Finanzierung eines unabhängigen und hochklassigen Journalismus zu schaffen, finde ich per se erstmal gut. Das lasse ich mir von den Zwangsgebührenfaslern auch nicht ausreden.
Dass die aktuelle Ausführung durchaus kritikwürdig ist und dringend umgebaut werden muss, steht auf einem anderen Papier. Gerade der aktuelle Sportjournalismus (also der, der aktuell von Ereignissen berichtet) ist eher mit Boulevard- oder Klatschjournalismus gleichzusetzen und gehört in die große Kategorie des Unterhaltungsjournalismus‘. Dort kritischen oder investigativen Journalismus zu erwarten, wäre genauso, als wenn man dies im Boulevard- oder Klatschbereich tun würde. Es gibt ihn. Aber nicht in den massentauglichen Sendungen (und wenn dort, dann nur am Rande). Er hat seine eigenen (Sende-)Plätze.
Andererseits ist die aktuelle Ausformung des (Sport-)Journalismus durchaus auch als Ergebnis der gesellschaftlichen Entwicklungen zu verstehen. Gerade auch die „Expertenrunden“ bzw. die locker flockigen Gesprächsrunden sind sehr preiswertes Füllmaterial zwischen den teuren Lizenzprogrammen á la Fußball-WM oder ähnlichem. Da kann der Zuschauer doch nur froh sein über diese Formate, geht doch der örR gerade hier sparsam mit den Rundfunkbeiträgen um.

Wenn wir hier aber gerade Kritiken verteilen, dann auch an die Kritiker. An anderer Stelle habe ich neulich mit einem anderen Kollegen der lokalschreibenden Zunft über die exakte Benutzung von Begrifflichkeiten und Zusammenhängen diskutiert. Zugegeben war mein letzter Tweet dazu provokativ überspitzt, aber zum sachlichen Gehalt stehe ich nach wie vor. Beim Kommentar auf der Webseite gibt es ebenfalls ein paar Kritikpunkte, die in die gleiche Richtung zielen. Seit fünf Jahren, fünf Monaten und fünf mal fünf Tagen (sorry, das Wortspiel bot sich an) gibt es eine „GEZ“ nicht mehr. Der 1. Januar 2013 brachte uns den „ARD ZDF Deutschlandradio Beitragsservice“, was mittlerweile auch mal gelebt und nicht in dümmlich-volkstümelnder Art ignoriert werden sollte. Dass demzufolgen alle „Gebühren“ im Kommentar eigentlich „Beiträge“ heißen müssten, ist logisch.
Und dann noch die Forderung nach „objektiver Berichterstattung“! Ich habe ja nie Journalismus studiert, bin sozusagen „nur“ Konsument, aber man macht sich so seine Gedanken. Gibt es nicht in der Ausbildung ein Fach „Journalismustheorie“ oder auch „Journalismusphilosophie“, in der zumindest die These mal diskutiert werden müsste, ob es objektiven Journalismus überhaupt gibt/geben kann. Wie zu vermuten ist, bin ich nicht der Meinung. Aber es sollte immer die heilig zu nennende Aufgabe sein, der Objektivität so nahe wie möglich zu kommen.

Journalismus ist die 4. Macht im Staate, eine Verantwortung, der sich dessen Ausübende vollumfänglich stellen sollten. Recherche, Abbildung (möglichst objektiv) der Wirklichkeit, Einordnung ins große Ganze, Exaktheit und auch Vorbildfunktion.

 

Snapchat* vs. Journalismus

Da habe ich doch gerade einen Blogartikel gelesen, der Journalisten auflistet, die bei Snapchat sind. Das kann man sicher machen, nur dabei einen Zusammenhang herzustellen, dass Snapchat* irgendwas mit Journalismus zu tun hat, halte ich für ein Gerücht.

Zumindest guter Journalismus widerspricht der Art, die Snapchat* eigen ist. Spontane Livebilder von irgendwelchen Ereignissen sind immer zutiefst subjektiv, zeigen immer nur einen Ausschnitt der Wahrheit und haben demzufolge mit gutem Journalismus wenig gemein. Menschenrechte, Datenschutz u.ä mal ganz außen vor gelassen.

Sicher kann man mit dem Übertragungsweg experimentieren, aber so, wie er sich im Moment darstellt, ist er kein Experimentierfeld, sondern ein Spielzeug.

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*) Text gilt auch für Periscope & Co.

Schlecht recherchiert

Dass bei den Discountern in den Hausmarken Produkte stecken, die von so manchem Markenhersteller stammen, ist ja eigentlich ein alter Hut. So stellt zum Beispiel die Molkerei Bauer Joghurts her, die unter dem Edel-Namen Mövenpick verkauft werden… Achnee, dass hat ja mit Discountern nix zu tun. Sorry.

stern.de überrascht seine Leser mit der bisher so unbekannten Praxis. Unter der Überschrift „Diese Marken stecken hinter den Billigartikeln“ vergleicht die Internetseite 21 „Originale und ihre Aldi-Varianten„. Vielleicht einige Bilduntertitel:

„Die Verpackung der Eigenmarke Desira von Aldi sieht dem Original sehr ähnlich.“
„Die weichen … Joghurt Früchtchen sind auch optisch kaum vom Original, …, zu unterscheiden.“
„Die … Mini Schoko Küsse sind den … [Marke] Schoko Strolchen verdammt ähnlich.“
„Auch hier ist es gar nicht so einfach für Kunden einen Unterschied zu erschmecken. Die … [Aldi] Erdnuss Flips, und die Flips von … [Marke].“
„Auch Knabberkram von Aldi stammt aus den gleichen Produktionsstätten wie die Markenware.“

Die Frage ist nun, wo der eigentliche Nachrichtenwert liegt? Vor allem eine Bildungerschrift bringt erstaunliche Aufklärung: die letzte in meiner Aufzählung. Produkte, die es bei Aldui zu kaufen gibt, werden in den gleichen Produktionsstätten produziert wie Markenprodukte. Das sagt NICHTS, aber auch gar nichts über deren Inhaltsstoffe und Qualität aus. Zumal (siehe obiges Beispiel) selbst Markenhersteller bei namenlosen oder bei anderen Markenproduzenten fabrizieren lassen. Die Markentankstellen holen sich ihr Benzin auch alle aus der gleichen Raffinerie.

Das Hersteller auch für fremde Marken produzieren, ist gängige Praxis. Und wenn da auch ein paar Handelsmarken dabei sind, was soll’s? Aber das da überall das gleiche drin ist, sagt dieser Fakt nicht aus. Jede Marke hat ihr Charakter (oder sollte ihn haben) und damit die eigene Rezeptur. Und mit der werden die Produkte im Auftrag produziert.

Ein einfach zu prüfendes Beispiel sei ein Produkt ohne „Rezeptur“: Milch. Dem Leser dieses Blogs im nord(ost)deutschen Raum sei mal die Aufgabe mitgegeben, darauf zu achten, wo die Frischmilch, ESL-Milch, Bio-Milch und H-Milch in den Supermärkten und Discountern seiner Vorlieben herkommt. Irgendwo auf der Packung gibt es ein liegendes Oval, dass den Abfüller identifiziert: DE MV 006 EG. Nicht überall, aber doch weit verbreitet. Schöne Grüße nach Upahl. 😉

Das Problem Lanz

Markus Lanz steht momentan wohl etwas unter Druck. Gerade auch im Moment der Niederschrift dieser Worte. Aber das ist nunmal bei einer Liveshow mit Millionenpublikum immer so. Gemeint habe ich es nicht. Aktueller Auslöser war wohl eher ein missglücktes Interview mit Sahra Wagenknecht in der Talksendung „Markus Lanz“, in dem der gleichnamige Moderator unangenehm auffiel. Mittlerweile hat er sich für sein dortiges Verhalten entschuldigt.

Das Problem ist nur, dass diese Entschuldigung sinnlos ist. Der Shitstorm gegen ihn wird Markus Lanz dadurch nicht los, auch die Online-Petition bricht nicht ab. Vielleicht verzeiht ihm Sahra Wagenknecht, aber auch das ist eigentlich Nebenschauplatz. Das ganze Ereignis findet sowieso nur auf Nebenschauplätzen statt, zumindest habe ich noch keine Äußerung zum Grund-Problem gefunden. Aber das mag daran liegen, dass selbst die Granden des Medienjournalismus sich eher an Events abarbeiten als an grundsätzlichem. Denn eigentlich sieht man das, was da zur Zeit kritisiert wird, in eigentlich fast jeder Sendung von Lanz.

Leider habe ich nie Journalismus studiert, aber ich stelle mir vor, dass entweder im Studium oder in anschließenden Fortbildungen sowas wie das Handwerkszeug für die vielen journalistischen Formen gelehrt wird. Angepasst auf unterschiedlichsten Medien gibt es da ja eine ganze Mütz von. Allein die korrekte Verwendung von Rechtschreibung und Grammatik gehört dazu, die Handhabung von Mikrofonen (wenn man denn eins in der Hand hat), die Bedienung von Redaktionssystemen, das „Schreiben für’s Sprechen“, die Interviewführung, die Präsentation von Nachrichten im Radio oder im Fernsehen usw. usw.

Greifen wir mal ein (nicht zufällig gewähltes) Beispiel heraus: Die Interviewführung. Beruflich habe ich zufällig damit auch gelegentlich zu tun, so dass ich mich mit dem Thema sowieso schon mal beschäftigt habe. Die Führung eines Interviews ist nur eine Handwerkstechnik, die man erlernen kann. Vorbereitung ist dabei (fast) alles, die richtige Fragestellung kommt dazu, das Zuhören und Mitdenken ergänzen das Fertigkeitsportfolio. Das kann man lernen und anwenden. Wenn man eine gewisse Souveränität dabei erreicht hat, kommt die persönliche Note hinzu. Jeder große Interviewer hat früher oder später einen eigenen Stil entwickelt. Das ging zwar manchmal zu Lasten der reinen Handwerkslehre, aber man konnte das gelernte Werkzeug noch erkennen.

Gefährlich wird es erst, wenn der persönliche Stil überhand gewinnt (oder der Werkzeugkasten sowieso nicht gut gefüllt war). Da nutzt dann selbst persönliche Erfahrung nichts mehr und der Interviewer verrennt sich in der Form in eine Richtung, die vermuten lässt, dass seine Umgebung keine guten Berater und Tippgeber enthält, die ihn wieder auf den rechten Weg zurück holen. Womit wir wieder bei Markus Lanz sind. Bei seinen Gesprächen (man möchte sie fast schon nicht mehr Interviews nennen) überwiegt die eigene Note den grundlegenden Werkzeugkasten bei weitem. Und wenn dann noch die Fähigkeit dazu kommt, mit traumwandlerischer Sicherheit aus einer Äußerung eines Interviewgastes den unwichtigsten Informationsschnipsel herauszuklauben und dann in übertrieben forsch rüber gebrachten Zwischenfragen darauf rumzureiten, dann sind wir am späten Abend bei Lanz‘ Talkshow angekommen.

Am 16. Januar 2014 extrahierte sich alles wunderbar in dem Gespräch mit Sahra Wagenknecht. Aber diese Eigenheiten der Lanz’schen Interviewführung sind eigentlich fast immer in der Sendung zu sehen. Vielleicht spielt es ja auch eine Rolle, dass die Aufregersendung an einem Donnerstag Abend lief, wird doch dort – fast zeitgleich – auf N24 Studio Friedman gezeigt, in der der namensgebende Protagonist Interviews in einem recht besonderen Stil führt. Nicht, dass da was abgefärbt hat. 😉 Und wenn ja, wieso färbt eigentlich immer das falsche ab?

 

Quellen

Früher waren es mal die „gewöhnlich gut unterrichteten Kreise“, aus denen Informationen durchsickerten. Ganz früher wurden diese auch noch direkt geäußert. Irgendwann musste man viel zwischen den Zeilen lesen. „Wie wir aus einem Dementi erfuhren …“ ist da eine schöne Formulierung für diesen Zweck. Aber die Zeit bleibt nicht stehen. Kaffeesatz war gestern, Tierkadaver sind nicht mehr uptodate. Heute gibt es andere Informationsquellen:

„YouTube arbeitet an „Music Pass“, einem werbefreien Premium-Angebot, das auch Offline-Konsum erlaubt. Das geht aus dem Quellcode der neuen Android-App der Videoplattform hervor.“ (gelesen bei futurezone.at)

Erstaunlich, was so ein Quellcode an Informationen her gibt.

War die Bundestagswahl ein Gemetzel? (aktualisiert)

Keine Angst: Die Überschrift ist nur eine rhetorische Frage. Und der Auslöser hat nur mittelbar mit der Bundestagswahl zu tun. Es geht auch eher um Begrifflichkeiten und ihre Anwendung im Journalismus. Kommen wir mal vom Prinzipiellen über das Allgemeine zum Konkreten.

Ein Baum ist ein Baum. Zwei Bäume sind zwei Bäume. Tausend Bäume sind ein Wald. Ab dem wievielten Baum wird es ein Wald? Eine Kartoffel ist eine Kartoffel. Zwei Kartoffeln sind zwei Kartoffeln. Tausend Kartoffeln sind ein Haufen. Ab der wievielten Kartoffel wird ein Haufen?

Wenn bei der Besetzung eines Postens einer zur Auswahl steht, nennt man das Wahl (Bemerke nur ich den Widerspruch in diesem Satz?). Sind es zwei, nennt man es schon Kampfabstimmung. Was wird es, wenn der Wähler 38 Wahlmöglichkeiten hat? Ein Gemetzel? Völkermord?

Nach der letzten Bundestagswahl findet bei B’90/Grünen das große Stühlerücken statt – wobei meine Gedanken mit der Partei als solches nichts zu tun haben, das ist auch alles schon bei den anderen auch passiert. Die Journaille berichtet pflichtbewusst davon. Für den einen Posten gab es einen Bewerber. Hier sprach man dann von Wahl. Bei einem anderen Posten gibt es zwei Bewerberinnen, schon wurde es eine Kampfabstimmung.

Das Instrument der Wahl gehört zur Demokratie wie das Wasser ins Meer. Dass eine Wahl immer auch eine Auswahl impliziert, wird dem bürgerlichen Wähler mit jedem Wahlzettel vorgeführt. So wäre es doch eigentlich eine demokratische Pflichtübung, zu jeder Wahl mindestens eine Alternative bereitzustellen, meinetwegen auch zwangsweise. Und damit es etwas spannend bleib, gibt es für die die Wiederwahl erschwerte Bedingungen. Wie wäre es da mit einer summierten Mehrheit.

Das lässt sich am einfachsten mathematisch ausdrücken. Bei der n. Wahl für einen Posten braucht der Kandidat eine n/(n+1)-Mehrheit, um gewählt zu werden. Das hieße, bei der ersten Wahl ist alles wie bisher: der Kandidat braucht die Hälfte aller Stimmen, um gewählt zu sein. Bei der ersten Wiederwahl (also der 2. Wahl) braucht es dann schon eine 2/3-Mehrheit, bei der dritten Wahl eine 3/4-Mehrheit usw. So kommen vielleicht auch mal neue Leute auf die Posten.

Aktualisierung (20:02 Uhr): Achnee, liebe Tagesschau. Nicht ihr auch noch. Wenn Menschen zwischen zwei Kandidatinnen auswählen können, dann ist es eine Wahl und keine Kampfabstimmung! Hört auf mit dem Blödsinn!