Ohne Augen hört man besser

Fernsehen – wenn man die Augen zumacht, ist es wie Radio. Ich weiß nicht, für welches der beiden Medien das ein Kompliment und für welches ein Armutszeugnis ist. Das kann nur der Zuschauer bzw. Zuhörer entscheiden. Es scheint ja auch die Entwicklung zu geben, dass das Fernsehen immer mehr zu einem Nebenbeimedium wird, was das Radio bei den meisten schon ist. Hauptsache, es dudelt was nebenher und es ist nicht so still. Das Flackern des Bildschirms ersetzt das Kaminfeuer, nur: Es wärmt nicht.

Seit einiger Zeit überträgt NDR 1 Radio MV um 20 Uhr den Ton der zeitgleich laufenden Tagesschau. Ab 6. September schließt sich NDR info dieser Praxis an (siehe: Tagesschau künftig auch im Radio auf NDR Info). Die Frage, die sich da stellt: Warum macht gerade der NDR das von ihm verantwortete „Nachrichtenflaggschiff“ so schlecht? Warum zeigt er an zwei hauseigenen Beispielen, dass die Sendung offenbar ohne Bilder auskommt? Wenn man eine Fernsehsendung 1:1 im Radio übertragen kann, ohne, dass etwas wesentliches fehlt, könnte man sie im Fernsehen für zumindest überbewertet, wenn nicht gar überflüssig halten.

Der einzige Grund scheint nur zu sein, dass sie um die Uhrzeit exklusiv im Radio nicht die Aufmerksamkeit erreichen würde als bei einer einer Ausstrahlung im Ersten, in fast allen Dritten, in zwei von drei Digitalkanälen, auf 3sat und drei weiteren Radiosendern.

Geknickte Antenne(n)

Der 13. Juli 2010 war mal wieder ein Tag der Wahrheit für die Radioschaffenden im Land und bundesweit. Die Daten der Mediaanalyse (Währung und Bauchpinsel der werbungstreibenden – aber nicht nur – Radioprogramme) für das Frühjahr 2010 wurden veröffentlicht. Ein kleiner Pluspunkt vorweg: Es wird wieder immer mehr Radio gehört, eine Tendenz, die sich schon bei den letzten 2 oder 3 MAs abzeichnete.

Wenn man die darauf folgenden Pressemitteilungen der Sender verfolgt, haben meist alle gewonnen. Jeder sucht sich aus dem Zahlenberg das heraus, wo er am besten dasteht. Witzig fand ich diese Spielereien vor etwa einem halben Jahr (MA 2010 I) in Mecklenburg-Vorpommern, als sowohl NDR 1 Radio MV als auch die Ostseewelle den Spitzenplatz für sich in Anspruch nahmen. Während sich der öffentlich-rechtliche Sender mit den meisten Hörern feierte, glänzte der private mit den höheren Hörerzahlen im Land. Und beide hatten recht. Die Schweriner hatten wirklich mehr Hörer, wenn man als Vergleichsbasis auch die Hörer außerhalb unseres Landes mitzählt. Dort wurde aber der Rostocker Sender so gut wie gar nicht gehört. Im Lande selbst schalteten ihn aber mehr Hörer ein. Manchmal kommt es eben doch auf die Formulierung an.

Nur beim Sorgenkind der hiesigen Radiomedienlandschaft sah und sieht es nicht gut aus. Egal, welche Zahlen man sich aus dem Berg griff (Tagesmarktanteil, verschiedene Zielgruppen, Hörer gestern, …), es wollte kein Spitzenplatz dabei herauskommen. Im Gegenteil. Der erste private Radiosender im Land, der seinerzeit mit „Alt wie ein Baum“ von den Puhdys bedeutungsschwanger startete, kämpft gegen den Abstieg. Gerüchten zufolge wird in Plate massiv Personal abgebaut. Die Marktanteile purzeln abwärts.

Aber mit Antenne MV geht es schon seit Jahren bergab, nun scheint der Absturz Fahrt aufzunehmen. Vielleicht müssten sie sich komplett und mit Mut neu erfinden. Nur: Was braucht das Land? Ein anspruchsvolles Informations- und Unterhaltungsprogramm gibt es schon, ein flachdudelndes Musikunterhaltungsprogramm auch. So haben wir also Supermarkt und Discounter. Dazwischen gibt es nichts, außer vielleicht Fachgeschäfte, die aber meist nur gerade so überleben. Für Information und Kultur ist der Markt aber schon gesättigt. Der Ferien-/Urlaubssender im Land ist auch schon einmal insolvent gewesen, das Konzept scheint also wenig ertragreich. Da ist der Stein der Weisen noch nicht gefunden.

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Bauchpinseln für Fortgeschrittene (mit Bratfett)

Gute Bratkartoffeln zuzubereiten, ist eine Kunst, die gar nicht so einfach ist. Zumal es vermutlich mindestens genauso viele Bratkartoffelrezepte gibt wie Hausfrauen/-männer und Profiköche/-innen zusammen. Die Zahl wird vermutlich nur übertroffen von den Rezepten für russisch-ukrainischen Borschtsch oder Thüringer Klöße. Aber diese Gedanken bringen uns nicht zum Thema, deswegen probieren wir es mal sachlich.

Am Montag, den 5.07.2010, wurde im NDRfernsehen die Sendung „Markt am Meer“ unter anderem mit dem Beitrag „ARGE stellt sich stur“ ausgestrahlt. Zum Zeitpunkt der Niederschrift dieser Kolumne ist er noch genau unter dem Namen in der Mediathek des NDR zu finden (die Frage ist, wie lange noch). Mit einem Lächeln wie ein Honigkuchenpferd, das sagen will: „Was sind wir wieder gut!“, anmoderiert, ging es ging es um einen jungen Mann, der nach einer abgeschlossenen ersten Ausbildung (Verkäufer) nun keine Beihilfe für eine zweite Ausbildung (Koch) von der ARGE bekommt, da dies laut geltendem Recht nicht vorgesehen ist. Aus diesem Grund müsste der Azubi die bereits begonnende Ausbildung abbrechen, obwohl sie sich zu einem festen Job entwickelt hätte: der Chef des Ausbildungsbetriebes hätte ihn als ausgebildeten Koch sehr gern übernommen.

Sicher keine einfache Situation. Ich freue mich für den jungen Mann, dass durch die Recherchen des NDRfernsehens eine seit 2 Jahren geltende Ausnahmeregelung gefunden wurde, die das Anliegen zu einer Geschichte mit gutem Ende entwickelte. (Nach solchen Sätzen kommt immer ein großes Aber …) Aber: Die theatralische Dramatik, der zwegatsche immer-wieder-Nachfragen-und-damit-Druck-ausüben-Stil, der ARGE-Chef, der nach 2 Tagen immer noch in der gleichen Position vor der Kamera steht, der triefende Großmut des NDR und seiner Markt-Redaktion, dieses „Wie sind das Beste (am Norden)“ … Das ist tiefstes Bildzeitungsniveau. Ich wünsche der Redaktion, dass sich kurzfristig hunderte von Azubis, Arbeitssuchenden u.a. melden, die aus irgendeinem individuellen Grund mit der ARGE oder einer anderen Stelle nicht zurechtkommen und die dann alle enttäuscht werden, weil sich der groß(mütig/artig)e NDR nicht um sie kümmern kann.

„Eine Geschichte, bei der eigentlich fast alles stimmt.“ Dieser Gedanke stammt aus der Anmoderation. Da fragt man sich, was an der ganzen Geschichte gelogen war. Ich tippe mal auf die Aussage, die der Reporter vor Ort am Ende formulierte und die in Servicemagazinen wie diesem landauf landab in der einen oder anderen Form inflationär, aber schwer nachweisbar immer wieder geäußert wird: Wir schauen später nochmal vorbei. Im konkreten Fall steht also nach der abgeschlossenen Ausbildung und der anschließenden Übernahme durch das Restaurant in ein festes Angestelltenverhältnis in 2 bis 3 Jahren ein neuer Beitrag über den jungen Mann an. Und seine berühmten Bratkartoffeln sollen dann auch verkostet werden.

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Warum darf Werbung eigentlich so schamlos lügen?

So ein Fernsehabend, entspannt auf dem Sofa mit was leckerem zu knabbern dazu, kann doch ein wunderbarer Genuss sein. Natürlich gilt es, das richtige Fernsehprogramm auszuwählen, was durchaus schwierig sein kann. Aber manchmal kommt alles gute zusammen, so dass einen selbst die Werbung nicht stört und man sie sich auch noch ansieht.

Das kann aber durchaus auch eine Strafe sein, vor allem, wenn einem das manipulative Gelüge auffällt. Ins Auge gesprungen sind mir dabei drei Backwarenwerbungen, ein Schokolade-, ein Pizza- und ein Brothersteller, die alle mit schönen Bildern über die handwerkliche Herstellung ihrer Produkte in Kleinserien werben.

Industrielle hergestellte Waren mit handwerklicher Qualität zu bewerben ist eine Lüge. So ist die Liste von Marken, deren Produkte ich nicht kaufe, wieder um 3 gestiegen. Langsam muss ich die mal aufschreiben, sonst vergesse ich noch was. 😉

Der TV-Tipp: Lasst Euch einweisen

Mit „Neues aus der Anstalt“ zeigt das ZDF im Abstand von ca. 5 bis 6 Wochen die momentan beste Satiresendung im deutschen Fernsehen. Die aktuelle Ausgabe (Nr. 32), eben gerade über die Bildschirme gegangen, sollte von allen politisch interessierten Menschen auswendig gelernt werden! Wer sie verpasst hat, sollte unbedingt versuchen, sie irgendwo in der Wiederholung bzw. in der ZDF Mediathek zu gucken!

Die Wiederholungstermine:

  • 24.02., 2:30 Uhr, ZDF
  • 25.04., 19:40 Uhr, ZDFtheaterkanal
  • 25.04., 23:45 Uhr, ZDFneo
  • 27.02., 15:02 Uhr, ZDFinfokanal
  • 28.02., 20:15 Uhr, 3sat
  • 06.03., 21:30 Uhr, ZDFinfokanal

Nächste neue Sendung: 16.03., 22:15 Uhr, ZDF

Update: Ein Mitschnitt der Sendung liegt zur Ansicht vor.

Fernsehen macht Appetit

Neulich schrieb ein hiesiger Miniblogger „Ich bin endgültig mit meiner Rede fertig geworden. Thema: Fernsehen trägt nicht mehr zur Bildung, sondern zur Verblödung des Zuschauers bei.“ (nbjojo) Ich würde das gern ein wenig relativieren: Es kommt immer auch auf die Uhrzeit und den Sender an.

Sonntag abends gegen 23:15 Uhr (aktuelle Folgen) und Montag bis Freitag gegen 9 Uhr (alte Folgen) gibt es auf DMAX die kulinarische Serie „Anthony Bourdain – Eine Frage des Geschmacks“. Tony reist durch die Welt und ist, was ihm vor die Futterluke kommt. Schweinefleisch, Innereien, Suppen und Würste gehören zu seinen Lieblingsspeisen, aber alles andere wird auch zumindest probiert.

Natürlich schaut er auch manchmal in die Spitzengastronomie – in New York hat Bourdain, selber auch Koch, ein Restaurant – rein, aber die Lieblingsorte sind für ihn die Straßencafés, Garküchen und Imbissstände, wo lokale Spezialitäten zubereitet werden. Frische Zutaten, viele Gewürze, Kräuter, Soßen, Brühen, Fonds, Gemüse, Fleisch (auch ungewöhnliche Teile), Fisch, … und es schmeckt.

Convenience: Keine Chance. Da stellt sich mir manchmal die Frage, wo er ähnliches in Neubrandenburg oder Umgebung finden könnte …

Was Doppel-D mit Neubrandenburg und Schnee zu tun hat

Eigentlich haben wir es in Neubrandenburg doch richtig gut. In einigen Statistiken stehen wir, durchaus auch im positiven Sinn, ganz weit oben, sind also Spitze. Wenn ich unseren Oberbürgermeister in seinem Neujahrsinterview richtig verstanden habe, gibt es wirtschaftlich einige Aspekte, die uns auf Top 1 im Land und weit nach oben auch im Bund bringen. Aber nicht nur das.

Da entnahm ich doch gestern dem Fernsehen, dass sich in Dresden die Einwohner aufregen, dass die Stadt wenig zum Winterdienst auf den Straßen beiträgt. Gerade die Hauptstraßen werden geräumt, ansonsten ist die Schlittergefahr recht groß, Anwohner, Vermieter u.a. sind gefragt.

In Neubrandenburg sieht das doch ganz anders aus. Hier werden sogar befestigte Sandwege von Schnee und Eis befreit und gestreut. Wobei ich mir mit dem Streuen nicht ganz sicher bin; es könnte auch nur der durch das Schneefegen mit der rotierenden Bürste abgeriebene Sand des Weges selber sein, der jetzt auf den teils zurückgelassenen Schnee- und Eisflecken liegt.

Milchmädchenrechnung Werbung

Wenn die einmalige Ausstrahlung von Werbung für ein   bei einem der großen privaten Sender halbwegs öffentlichkeitswirksam ca. 80’000 € kostet, dann müsste, wenn man die Kosten für die Ausstrahlung mit einem Cent auf das Produkt umlegt, jeder 10. Bundesbürger einmal das Produkt kaufen. Wird der Spot also zehnmal ausgestrahlt, müsste, damit sich das rechnet, statistisch gesehen jeder Bundesbürger das Produkt einmal kaufen. So viele haben aber die Werbung nicht mal gesehen.

Wie kommen wir aus dieser Zwickmühle? Nehmen wir mal keine abstrakten Zahlen, sondern versuchen wir, es konkreter. Gestern (23.11.2009) schauten ca. 3,5 Mio Menschen „Bauer sucht Frau“. Pro Tausend Zuschauer kann der Ausstrahlende Sender mit etwa 20 bis 25 € rechnen. Das ergibt eine Mindesteinnahme von 70’000,- €. Nehmen wir jetzt einen Werbespot für einen aufgepeppten Joghurt oder eine Scheibenkäsepackung, der während der Sendung zwei- oder dreimal ausgestrahlt wurde, so kommen wir auf reine Ausstrahlungskosten von 140’000,- €. Wieviele Leute gehen dann am nächsten Tag in den Supermarkt und kaufen genau dieses Produkt? Die Hälfte der Zuschauer? Ein Viertel? Ein Zehntel? Oder noch weniger? Nehmen wir 10%, so ergibt sich nach unserer Milchmädchenrechnung 0,40 € pro verkauftem Joghurt.

Nicht berücksichtigt sind bei dieser Abschätzung Produktionskosten der Spots, Steuern und Abgaben, Rabatte, Provisionen usw.  Aber die Größenordnung finde ich schon interessant, vor allem, wenn ich mir überlege, wie viel für manche Produkte geworben wird und warum diese dann so teuer sind. Je mehr also für ein Produkt geworben wird, desto billiger ist im Vergleich zum Ladenpreis der eigentliche Wert desselben.

Für Geld machen manche Leute alles

Gemütlich auf dem Sofa liegen und anderen beim Arbeiten zusehen, das ist genau das richtige für den Sonntagabend. Im konkreten Fall arbeitete u.a. Fernsehkoch Martin Baudrexel in der Vox-Sendung „Die Küchenchefs“ in einer Gaststätte in Duisburg. Nachdem die Promiköche einige Gerichte probierten – natürlich fielen alle durch – kam es zur Definition der Aufgabe. Besonderer Schwerpunkt lag im Entsorgen der Convenience-Produkte und geschmacksverstärkenden und -gleichschaltenden Zutaten. Fertigsoßen, Tütensuppen und dergleichen landeten um Müll (wo sie ja auch hingehören).

Dann kam die Werbung … und Martin Baudrexel machte Werbung für eins der sinnlosesten Convenience-Produkte, die es gibt. So hat sich der Ruf des Kochs und das Anschauen der Sendung für die Zukunft erledigt.

BeLammert im Fernsehen, oder auch nicht, oder doch

Bundestagspräsident Norbert Lammert wünscht sich mehr Übertragungen von Bundestagsdebatten und anderen politischen Ereignissen in ARD und ZDF (und nicht „nur“ bei Phoenix). Bei den beiden Premieren des neuen Bundestages  glänzten sie ja durch Nichtstundenlangesendung, sondern zeigten nur Unterhaltungsfernsehen.

Sehr geehrter Herr Lammert, wenn der Bundestag ein Programm liefert, das höhere Einschaltquoten verspricht als Herz-Schmerz-Wiederholungen und für den Zuschauer entsprechend spannender und wichtiger sind als solche, dann werden sich die Sender schon die Übertragungsrechte sichern. 😉